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Musik mit eingebauter Sehnsucht IKZ 26.01.2016

Der Akkordeonist Nikola Komatina stellt sich bei den Kammerkonzerten vor

Von Ralf Tiemann

Iserlohn. Als Berufsmusiker hat man es ohnehin schon schwer. Vor allem, wenn man mehr will als Unterrichten, wenn man mit seiner Kunst etwas bewegen und mit seiner Musik auf die Bühne will. Und wenn man dann auch noch Akkordeon spielt, wird es ganz schwer. Denn zwischen Geigern und Pianisten haben Akkordeonisten nach wie vor ein kleines Imageproblem – sei es, weil man den Klang des Instruments immer noch eher in der Volksmusik als in einem klassischen Konzert verortet, sei es, weil die Akkordeon-Orchester hierzulande den Ruf dieses eigentlich doch so vielseiteigen Instruments ziemlich verengt und am Ende auch ramponiert haben. Schwerer als der Ruf wiegt aber die Tatsache, dass es für das Akkordeon einfach nicht so viel zu tun gibt. Im großen konzertanten Rahmen treten die Orchester eben mit Solo-Geigern und Pianisten auf. Das Akkordeon trifft man da kaum.

Das Akkordeon ist auf dem Vormarsch

Das mit dem Image ist Nikola Komatina herzlich egal. ,,Damit kann ich gut leben“, sagt er. Das mit den Auftrittsmöglichkeiten hingegen nicht. Der 27-jährige Serbe, der schon seit2007 im deutschsprachigen Raum studiert, ist der diesjährige Stipendiat der Märkischen Kulturkonferenz (MKK) im Fach Musik und hat sich am Sonntag zum Auftakt der diesjährigen Kammerkonzertreihe in der Musikschule dem Iserlohner Publikum solistisch vorgestellt Und das er zu diesen hochambitionierten jungen Musikern zäh)!, die auf jeden Fall mehr wollen, konnte man auf den ersten Blick sehen und auch sofort hören. Im Garderobengespräch mit unserer Zeitung ballte er mit. Blick auf sein Nischendasein irgendwann die Faust und sagte: ,,Man muss halt kämpfen -wie immer im Leben.“ Dabei sieht er sein Instrument auf jeden Fall auf dem Vormarsch. Er selbst spielt kein Akkordeon mit Tastatur rechts und Harmonie-Knöpfen links, wie man es eher aus dem volkstümlichen Bereich kennt, sondern ein deutlich gehobeneres chromatisches Knopfakkordeon namens Bajan, das vor allem eine viel linearere Bassarbeit erlaubt. Und das erobere sich immer mehr seinen Platz im klassischen Konzertbetrieb – weil es eben technisch so viel kann, weil es einen starken eigenen und sehr gefühlsbetonten Charakter hat und es gerade von modernen Komponisten gerne bedient wird. Was das Bajan alles kann, stellte Komatina am Sonntag intimen . Rahmen der Kammerkonzerte sehr eindrucksvoll unter Beweis. Bearbeitungen von Scarlatti und Bach, traditionelle Roma-Lieder, zeitgenössische Kompositionen und am Ende Piazzolla-Tangos, wie sie auch der beste Bandoneon-Spieler nicht hinkriegen würde. Seim Akkordeon scheint die Sehnsucht quasi von Natur aus-mit eingebaut zu sein, weswegen alle Musik diesen ganz eigenen Anstrich, diesen sehnsuchtsvollen Charakter bekommt, ohne aber an Brillanz und an virtuoser Meisterschaft auf höchstem Niveau einzubüßen – eine ,wirklich höchst interessante Mischung, die sich wohl zu recht auf dem Vormarsch zu mehr Marktanteil und zu einem deutlich besseren Ruf befindet.

Ein Besuch bei nächster Gelegenheit lohnt sich

Ein Jahr braucht Nikola Komatina noch, dann hat er nach mehreren vorhergehenden Abschlüssen auch seinen Master of Music in Moderner Musik an der Folkwanghochschule in Essen fertig. Das MKK-Stipendium hilft ihm dabei, dass es noch ein finanziell sorgloses wird, bevor der Kampf richtig losgeht. Im Gegenzugsoli er soviel wie möglich im Märkischen Kreis auftreten. Ein Besuch bei nächster Gelegenheit lohnt auf jeden Fall.